Samstag, 16. April 2011

Der erfolgreichere Kultur-Trojaner?

Wenn ein Goethe-Institut im Ausland eröffnet wird und seine Arbeit aufnimmt, dann kann man über drei Dinge sicher sein:

1. Das Goethe-Institut wird von der Bundesrepublik Deutschland finanziert (abgesehen von Einnahmen aus Sprachkursen und Spenden).

2. Das Goethe-Institut steht nur für sich selbst und ist mit keiner anderen Institution im Gastland verbunden.

3. Es fördert die Verbreitung der deutschen Sprache und betreibt das, was man etwas altertümlich als "Kulturpropaganda" bezeichnen könnte.

Damit ist die Stellung der Goethe-Institute in den Gastländern klar und deutlich festgelegt. Und egal wie man zur Arbeit der Institute auch immer stehen mag, die Verhältnisse sind transparent und offen.

Nun beglückt die Volksrepublik China seit einigen Jahren die Welt und natürlich auch Deutschland mit sogenannten Konfuzius-Instituten, die auf den ersten Blick genau so funktionieren und ähnliche Aufgaben haben, wie die deutschen Goethe-Institute im Ausland: die Förderung des chinesischen Spracherwerbs und die Verbreitung der chinesischen Kultur. Die Unterschiede sind aber doch bedeutend und zeugen vom Geschick der chinesischen Träger der Institute bei der Verwirklichung ihres Vorhabens.

Die Konfuzius-Institute werden immer unter dem institutionellen Dach einer Universität des Gastlandes gegründet. Die Konfuzius-Institute stehen also nicht nur für sich selbst, sondern sie sind immer das "Konfuzius-Institut an der Universität xy". Damit geniessen die Institute das wissenschaftliche Ansehen der Objektivität einer Hochschule mit, das Programm bekommt quasi ein wissenschaftliches Gütesiegel. Ein Schelm wer arges dabei denkt?

Dann werden die Konfuzius-Institute gemeinsam vom chinesischen Staat und der aufnehmenden Universität des Gastlandes bezahlt. Häufig stellt die Gast-Uni die Infrastruktur (Räumlichkeiten und Ausstattung), die chinesische Seite finanziert das Personal. Dies aber auch nur mit der Auflage, dass sich die Institute nach einer Anlaufphase von einigen Jahren selbst tragen sollen und ihre Personalkosten selbst erwirtschaften. China zieht sich dann aus der Finanzierung zurück. China bekommt seine Kulturpropaganda also zu einem grossen Teil vom Gastland geschenkt. Wer könnte dazu schon nein sagen? Und was passiert, wenn sich ein Institut nach Ablauf der Anlaufphase doch nicht selbst finanzieren kann? Wird es dann zugemacht? Zahlen die Chinesen doch ein wenig länger? Oder kommt dann die freundliche Gast-Universität für alle Kosten auf? Eine etwas fragwürdige Konstruktion, um das wenigste zu sagen. An deutschen Universitäten scheinen aber die Milchmädchen für die Rechnungen zuständig zu sein, denn man braucht sie nur mit der (befristeten) Finanzierung des Personals zu ködern, dann können sie schon nicht mehr widerstehen. Und wenn eine andere Universität auch schon ein Konfuzius-Institut hat, dann will man sich natürlich auch mit einem schmücken können. Denn wenn die anderen der Einrichtung zugestimmte haben, dann kann es doch nicht schlecht sein, oder?

Das Leitung der Institute besteht aus einem Direktor des Gastlandes und einem Vize, den die chinesische Trägerschaft stellt. Das übrige Personal kann teils aus China kommen, teils aber auch aus Deutschland. Nun nimmt der chinesische Staat keinen direkten Einfluss auf die Arbeit der Konfuzius-Institute, aber es versteht sich natürlich von selbst, dass chinakritische Veranstaltungen nicht auf dem Programm stehen und von den Direktoren des Gastlandes in vornehmer Zurückhaltung auch nicht angedacht werden. Es muss ja auch nicht immer Kritik an China sein. Es gibt sehr viel positives und interessantes zu berichten. Aber "nicht kritisch" und einfach "unkritisch" ist dann in meinen Augen doch noch ein Unterschied.

Ein Konfuzius-Institut hatte zur Eröffnung eine Ausstellung über traditionelle chinesische Bildergeschichten (lianhuanhua). Diese funktionieren so ähnlich wie Prinz Eisenherz-Comics, also ohne Sprechblasen, sondern mit Untertiteln. Diese Bildergeschichten haben in China eine lange Geschichte. Anfänge gehen - wenn ich mich recht entsinne - schon auf die Song-Dynastie zurück. Diese ganze Geschichte wurde in der Ausstellung ausführlich mit Bild und Text dokumentiert. Über die Bildergeschichten in der Zeit des Maoismus erfuhr man aber nur einen einzigen Satz, der ungefähr lautete "auch die neue chinesische Regierung förderte diese schöne traditionelle Kunst nach 1949 weiter". So kann man es natürlich auch nennen. In den Kampagnen und Massenbewegungen der Mao-Zeit waren die Bildergeschichten ein wichtiges und häufig verwendetes Mittel der politischen Propaganda und der Diffamierung und Blossstellung politischer Gegner. Darüber allein hätte man eine eigene Ausstellung machen können. Material genug gäbe es. Aber der geneigte und interessierte Ausstellungsbesucher erfuhr darüber natürlich nichts, hat aber sicher gedacht, wenn es unter dem Dach und dem Logo der Universität stattfindet, muss es ja Hand und Fuss haben. Und so beteiligt sich eine den Idealen der Objektivität und Wissenschaftlichkeit verpflichtete Institution an der Schönfärbung der chinesischen Geschichte. In Peking wird man sich die Hände reiben (Siehe auch diesen lesenswerten Artikel der SZ).

Und bei uns war man stolz darauf, der chinesischen Regierung über eine von Deutschland finanzierte Ausstellung ein bisschen deutsche Aufklärungskunst unterzujubeln. Und was hat man damit letztlich erreicht? Wir haben der chinesischen Regierung eine Gelegenheit geschenkt zu zeigen, dass sie nicht nur ihre Dissidenten, sondern auch ausländische Kritiker und die deutsche Aufklärung voll im Griff hat.

Was self-promotion anbelangt, kann Deutschland von China noch eine ganze Menge lernen.

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